Liebe Menschen,
heute Abend (nach eurer Zeitrechnung) bzw. morgen (nach der unsrigen) fängt ein neues Jahr an - 5768. Auf Hebräisch heißt das zweitägige Fest "Rosch HaSchone" oder - in sefardischer Aussprache - "Rosch HaSchana". Im Gegensatz zu den meisten jüdischen Festen, deren Bedeutung eng mit Israel zusammenhängt, ist das allgemeine Neujahr auch euer Fest!
Eine weitere, wenn auch kleine Ausnahme bildet die endzeitliche Zukunft von Sukkuth, dem Laubhüttenfest, wenn alle Menschen jährlich nach Jerusalem reisen und bei uns zu Gast sein sollen (vgl. Secharja Kap. 14). Anders ist es beim allgemeinen Neujahr, das von universeller Bedeutung ist und genauso für euch gilt wie für uns.
Im Judentum gibt es nämlich in jedem beliebigen Kreislauf von 12 Monaten mehrere Neujahre - genau gesagt sind es vier. So kommt es dazu, dass das allgemeine, mit der Schöpfung des Menschen zusammenhängende Neujahr im Monat Tischrej stattfindet, der nach jüdischer Tradition eigentlich der siebte ist. Demgegenüber fängt das biblische, sozusagen innerjüdische Jahr im Monat Nissan statt, in dem Gott Israel von dessen Knechtschaft in Ägypten erlöst hat. Mit diesem Ereignis hängt das wichtige Pessachopfer zusammen, von dem jeder Israelit essen muss und kein Nichtjude, Unbeschnittener (sowie andere, vgl. 2. Mose 12:43-50) verzehren darf. Aber beim allgemeinen Neujahr sind wir alle gleich, denn es wird dann über das Schicksal aller Menschen entschieden - Juden und Nichtjuden zugleich.
In der Zeit vorm sowie beim Neujahr selbst ist es üblich, sich "Ktiwa towa waChatima towa" zu wünschen (vgl. etwa meinen Beitrag vom 2. Sept.); auf Deutsch heißt es: "Gute Einschreibung und gute Besiegelung". Wenn man sich anschreibt, neigt sich der Sprachgebrauch zu heben: "Möget ihr für ein gutes Jahr eingeschrieben und besiegelt werden". In der nachstehenden Grusskarte findet ihr eine etwas ältere Formel, die sich besser auf den eigentlichen Inhalt dieser Zeit bezieht: "Möget ihr ins Buch der Lebenden eingeschrieben und besiegelt werden":
Die übliche Übersetzung ins Deutsche - "Buch des Lebens" - ist übrigens sprachlich falsch, vom Inhalt her aber natürlich in Ordnung.
Für die Zeit nach dem Neujahr und bis zum bevorstehenden Versöhnungstag sowie beim Versöhnungstag selbst und sogar danach gibt es verschiedene Grussformeln, die sehr eng mit der theologischen Interpretation dieser Zeit zusammenhängen und die ich, so Gott will, nach dem Neujahrfest noch erklären werde.
Euch möchte ich aber noch etwas wünschen, und zwar ein Jahr voll Wein. Wein: Das ist ja nicht nur das Getränk, sondern auch die Pflanze, die auf Hebräisch "Gofen" oder - in sefardischer Aussprache - "Gefen" heißt. Ehe wir vom Wein trinken, sagen wir (natürlich auf Hebräisch): "Gelobt seist du, Ewiger, unser Gott, König der Welt, der du die Frucht des Weins (d.h. die Weintrauben) geschaffen hast." Die Frucht des Weins, das heißt auf Hebräisch: "Pri HaGefen". In dem hebräischen Wort HaGefen - הגפן - gibt es vier Buchstaben, die auf Jiddisch folgendermaßen gedeutet werden:
H: Hazloche - Erfolg
G: Gesunt - Gesundheit
F = Ph = P: Parnosse - Lebensunterhalt
N: Naches - Zufriedenheit, Freude
Hoffentlich war es verständlich... Und wie gesagt:
Möget ihr haben ein Jahr voll Pri HaGefen, voll der Frucht des Weins!
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