Samstag, 10. November 2007

Ein Stück israelischer Kulturgeschichte

Git Woch allerseits,

nach der Gründung des Staates Israels waren die führenden Positionen innerhalb der zionistisch- bzw. nationalreligiösen Strömung über Jahrzehnte hinweg von Juden besetzt, die in der Tradition des deutsch-jüdischen Bürgertums verwurzelt waren; immerhin hing der Grundgedanke des religiön Zionismus sehr eng mit der neo-orthodoxen Lehre der deutschen Rabbiner Schimschen Rephuel Hirsch und Asriel Hildesheimer zusammen: Trotz aller Unterschiede im historischen Zusammenhang liegt beiden Strömungen der Wunsch zugrunde, Traditionell-Religiöses mit Modern-Weltlichem erfolglich zur Synthese zu bringen.

Vor diesem Hintergrund verstanden es die damaligen Führer der Nationalreligiösen als ihre Aufgabe, den Abstand zwischen Säkularen und Ultraorthodoxen zu überbrücken. Dazu gehörte u. a. auch das weltliche Medium des Fernsehens: Von den überwiegend säkularen Regierungen, die damals noch gänzlich über das Fernsehen verfügten, bekamen die "daitschen" Funktionären in den 1980er Jahren die Sendezeit gleich nach dem Schabbesausgang zur Verfügung gestellt.

Diese kostbaren Sendestunden wurden dann nach guter daitscher Tradition mit religiösen Chorgesängen und sonstiger Liturgie gefüllt. Allerdings mit wenig Erfolg: Die Säkularen mochten diese Sendungen nicht, weil sie "religiös" wirkten; den Nationalreligiösen gefielen sie ebenfalls nicht, weil sie nie eine richtige Botschaft an die Säkularen hatten (das wäre damals eine Zumutung gewesen) und den Nationalreligiösen selbst einfach zu langweilig waren; und die Ultraorthodoxen hatten eh keine Fernsehapparate. Dass es so etwas überhaupt im Fernsehen gab, wurde von (fast?) allen Zuschauern als Tribut der säkularen Elite an die politischen Macher der Nationalreligiösen betrachtet - und zwar mit gutem Grunde.

Anfang der 1990er Jahre ist das Kabelfernsehen erstmals im zionistischen Schnellkochtopf eingetroffen - und mit ihm eine bis dahin noch nie erahnte Auswahl an alternativen Fernsehprogrammen. Der Wandel war so umfangreich, dass er bereits 1992 in einem damals sehr erfolgreichen Film aufgearbeitet wurde. Der Film hieß schlicht und einfach Kabel und kam durch Zusammenarbeit prominenter Komödianten zustande. Dabei nahm er natürlich auch auf das staatlich erzwungene Fernsehprogramm Bezug - und der "daitsche" Kantorismus blieb selbstverständlich nicht verschont:



Ach, those were the days...

Der Wortlaut dieses satirischen Stücks besteht übrigens nur aus vier hebräischen Wörtern, die so viel bedeuten wie: "Seid fröhlich und freut euch über das Meer Gottes". "Seid fröhlich und freut euch über..." ist einem echten Lied entnommen, das zu Simchat Thorah gesungen wird. "Das Meer Gottes" hingegen - wie lässt es sich positiv formulieren? - kommt hier erstmals vor.

Nachtrag [11.11.2007]: Auf YouTube habe ich noch etwas aus Kabel gefunden. Die Interpretation überlasse ich diesmal euch...

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