Sonntag, 3. Dezember 2006

Jiddischkeit zum Kosten (oder: Warum nicht nur Juden geschäftstüchtig sind)

Schon wieder Jüdisches Museum: Heute ist der jährliche, wenn auch traditionslose Chanukka-Markt im Innengarten des JMB eröffnet worden, auf dem man in mit Judensternen versehenen Buden sein "normales, halt normales" (so die Antwort eines der Kunden) Schweinefleisch erhalten und in Begleitung von Chanukka- und sonstwie "jüdisch" klingenden Liedern in fremder, d.h. hebräischer und englischer Sprache verzehren kann. Zwischen die Buden, wo man noch Etliches - von Weihnachtsschmuck über Körperpflege vom Toten Meer bis hin zu ausbeuterisch ausgezeichneten Drejdlech - kaufen kann, hat man Stelen mit Texten zu Chanukka hingestellt, die wohl der vorjährigen "Weihnukka"-Ausstellung entnommen sind. Den Kindern ist neben einem Fototermin mit Benjamin Blümchen u. a. auch ein Puppenspiel angeboten worden, in dem aber die Problematik des Mythos vom alten Kampf gegen die Assimilation nicht einmal ansatzweise aufgegriffen, sodern alles "Böse" allzu leicht und bequemlich den "Griechen" zugeschrieben wird.

Was diese verflachte Reduzierung auf entkontextualisierte Volkstümlichkeiten ausgerechnet mit jenem vornehmlich innerjüdischen Blutbad zu tun hat, das vor 2173 Jahren mit der Ermordung manch assimilierter Juden durch den hasmonäischen Priester Matitjahu und dessen Söhne begann und mit dem (letztendlich doch nur vorläufigen) Sieg des makkabäischen Fanatismus über die Assimiliationswünsche der seinerzeitigen "Progressiven" endete, bleibt allerdings fragwürdig - ganz zu schweigen von der Tempelfrage, die gerade mit diesem "Fest der Wiedereinweihung" des von den Assimilierten entweihten Tempels bzw. Altars aktualisiert wird und die es in Anbetracht heutiger Initiativen umso kritischer zu behandeln gilt.

Selbst wenn die schwierigen Fragen sich nicht so gut verkaufen wie Schweinefleisch und Benjamin Blümchen, sollten sie den Menschen - gerade in einem "jüdischen" Museum - zumutbar sein; aber vielleicht ist es doch zu viel, so eine Sachgerechtigkeit von einer Einrichtung zu erwarten, die den Christkindlmarkt unter dem Motto "Kitsch, Kunst und Kulinarisches" zu noch einem Jewish Disneyland machen will. Jedenfalls sollte man sich überlegen, ob der Judenstern nicht unter Schutz zu stellen wäre, um zumindest den erbärmlichen Blick eines derart "verkoscherten" Würstchenstandes zu ersparen.

1 Kommentar(e):

Anonym hat gesagt…

hallo yoav,

ganz herzliche glueckwuensche zu deinem blogg - ich habe ihn durch deinen kommentar bei den "letters from rungholt" entdeckt ...

dein blogg ist wahnsinnig spannend, ich habe ihn gleich in meine blogrolls aufgenommen und werde noch mal darauf hinweisen !

ganz herzliche gruesse,
grenzgaenger