Mittwoch, 7. November 2007

Wir sind Papst!

Kaum hat man es geschafft, den merkwürdigen Beitrag des sog. "Zentralrates der Juden in Deutschland" zum öffentlichen Kreuzzug gegen Staatsfeindin Eva Herman zu vergessen - und schon macht sich der Zentralrat wieder lächerlich. Als Anlass bietet sich diesmal der baden-württembergische Landespresseball, der heuer am 9. November stattfindet und zwar unter Schirmherrschaft von Günther Oettinger, dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten.

Wie bitte? Festliche Unterhaltung am 9. Aw - err... 9. November? Nicht in unserer Zentralratsrepublik: "Der Ministerpräsident hätte klipp und klar sagen müssen [sic!]: 'Das geht nicht'". Dieses Diktat öffentlich bekannt zu geben, hat sich Stephan Kramer, Generalsekretär des Zentralrates der (aller?) Juden in Deutschland, erlaubt (zitiert im Spiegel). Dabei ist Kramer freilich entgangen, dass die deutsche Geschichte am 9. November nicht nur Schlimmes aufzuweisen hat, wie ihm Millionen seiner Mitbürger erklären könnten. Weiters fehlt ihm die Einsicht, dass nicht alles, was Menschen an einem bestimmten Tage machen, unbedingt damit zusammenhängt, was an diesem Tage in der Geschichte passiert ist. Noch auffälliger ist jedoch, dass Kramer offenkundig das Gefühl hat, der Zentralrat müsste der Nation auch in diesem Fall Moralunterricht erteilen.

Denn trotz aller öffentlichen Auftritte des Zentralrates (da hat man offensichtlich viel Freizeit), belangt es den Zentralrat überhaupt nichts an, was die Landespressekonferenz Baden-Württemberg (oder jede andere Organisation, die nichts Unmittelbares mit Judentum als solchem zu tun hat) am 9. November (oder an jedem anderen Tag) veranstaltet. Wie soll, wie kann man also dieses komische Verhalten verstehen? Einen wichtigen Hinweis liefert die tageszeitung:

Presseballorganisator Jens Fink sagte der taz, die Resonanz auf das von Oettinger gewünschte Tanzverbot sei "überwiegend Unverständnis". Auch er könne die Bedenken des Zentralrats nicht nachvollziehen. Schließlich habe schon 1990 ein Presseball am 9. November stattgefunden, "und damals hat sich keiner beschwert".


Irgendwas muss also inzwischen passiert sein, damit der Zentralrat überhaupt den Eindruck gewinnen konnte, es wäre jetzt die Zeit für moralistische Expansionspolitik. Meines Erachtens ist dies auf zweierlei zurückzuführen, das eigentlich sehr eng miteinander zusammenhängt: Einerseits die neue Juden- bzw. Zuwanderungspolitik, welche die Berliner Republik zwar von der letzten DDR-Regierung mit ererbt, dann aber ganz bewusst und gezielt weiter betrieben und entwickelt hat (vgl. etwa den Staatsvertrag); andererseits die neuen Muster der Vergangenheitsbewältigung bzw. Holocaustaufarbeitung, die erst nach Abschluss der innerdeutschen Teilung in diesem Umfang möglich wurde und sich in der Fülle von Gedenkstätten oder etwa Filmen mit jüdischer Thematik bekundet.

Wenn man nun die staatlich geförderte Verzehnfachung der Zahl der Juden in Deutschland, in deren Namen der Zentralrat zu sprechen glaubt, mit der zentralen Rolle des Juden in der neuen deutschen Geschichtspolitik verbindet, wird einem klar, wie es zum vermeintlichen Mitspracherecht des Zentralrates kommen konnte, und zwar selbst in rein innerdeutschen Angelegenheiten. Allerdings wird es wohl nicht mehr lange dauern, bis das Pendel der politischen Macht sein Extrem erreicht. Der Zentralrat verhilft ihm dorthin.

P.S.
Noch zu untersuchen wäre, wie der Zentralrat etwa den Leo-Baeck-Preis zugunsten seiner Expansionspolitik einsetzt. Angela Merkel ist ja nicht die erste hochrangige, noch aktive (!) Politiker/in, die diesen Preis verliehen bekommt. Ist es übrigens auch euch aufgefallen, dass die Bundeskanzlerin diesen Preis von einer Organisation bzw. Körperschaft bekommen hat, die selber ihre Finanzierung von der Bundesregierung bekommt?

3 Kommentar(e):

Miriam Woelke hat gesagt…

B"H

Es ist kein Geheimnis, dass deutsche Juden in "Fuehrungspositionen" wie Zentralrat, Gemeindevorsitzende oder auch so mancher Rabbiner bei deutschen Politikern zu "Kreuze" kriecht, nur weil er selbst gern im Rampenlicht stehen moechte. Dabei wird Moral, Religion oder die Historie gerne vergessen oder verdraengt.

Ich erinnere mich noch gut, wie vor 20 Jahren der Showmaster Hans Rosenthal fertiggemacht wurde, weil er sein "Dalli Dalli" am 9. November austrug.

Aber anscheinend waren damals die Zeiten und der Zentralrat noch ganz anders drauf. Ein Heinz Galinski jedenfalls wird vermisst.

Yoav Sapir Berlin Jewish Tours hat gesagt…

Hallo Miriam,

"Dabei wird Moral, Religion oder die Historie gerne vergessen oder verdraengt." - vollkommen richtig, denn trotz aller Kritik schützt Angela Merkel nach wie vor Irans größten Handelspartner: Deutschland...

Anonym hat gesagt…

Baaaaaaaaaaaaaah ich kriege einen Wutanfall wenn ich das lese, hat der ZR keine anderen Sorgen? Hat Knofi wieder Langeweile, oder ist der Kramer nun beim kompletten Opfer - Syndroma angekommen?

Integrationsarbeit, Gemeindeaufbau, Sorgen um Nachwuchs - und nicht dauernd den nichtjüdischen Mitbürgen den "böse, böse, böse" Zeigefingerschwenbk machen.

Wie sagte Broder vor Paar Jahren - ...der Zentralrat ist die Vertretung aller Juden in Deutschland ausser Henryk Broder..." Und recht hat der gute Mann